Streitende Paare, deprimierte Enddreissiger, pingelige Kontrollfreaks: Umzugsunternehmer Ruedi Lüscher hat es im Berufsalltag mit den unterschiedlichsten «Zügel-Typen» zu tun. «Das ist das letzte Mal.» Es gibt keinen Satz, den ich häufiger gehört habe. Und keinen, der sich im Nachhinein so oft als Irrtum erwies. Egal, ob es der Herr Direktor ist, der Schreinermeister oder der Sozialhilfebezüger, dem die Fürsorge den Umzug bezahlt: Alle wollen sie nie wieder umziehen, doch wie viele von ihnen habe ich in meiner 25-jährigen Laufbahn erneut gesehen. Wenn man tausend Umzüge im Jahr durchführt, wird einem erst bewusst, wie oft Menschen und Betriebe Veränderungen erleben.

Als Zügelmann muss man nicht der Allerklügste sein. Aber man muss ein Gespür für Situationen und menschliche Eigenheiten haben und sich bewusst sein, dass ein Umzug nicht immer nur Formsache ist. Mit jedem beginnt etwas anderes; mit allem Neuen endet etwas. Die einen setzt das unter Stress, andere können locker damit umgehen. Einen ersten Eindruck davon, mit wem wir es zu tun haben werden, erhalten wir meistens schon am Telefon. Doch am Zügeltag gibt es immer wieder Überraschungen.

Umzugstypen: Frau mit Hund

Mitunter praxisferne Auflagen

Nehmen wir die Scheidungs-Zügler, ein heikler Typ. Regelmässig gibt es Streit um die abholbereiten Kartons. Häufig, weil der Noch-Ehemann nicht dabei war, als sie diese packte, und er jetzt misstrauisch beäugt, was ihrer Meinung nach nicht ihm gehört. Da werden Möbel absichtlich zerkratzt, Kisten aufgerissen, Türen verrammelt, und wir stehen zwischen den Stühlen und sollen unseren Job tun. Neulich wurde einer meiner Männer sogar körperlich angegriffen. Ich musste die Polizei rufen.

Ein anderer Typ ist der Eigenheim-Zügler. Der ist auch heikel, aber nur weil seine Zukunft nicht schon am Anfang einen Kratzer abbekommen soll. Sein Herz schlägt besonders für die nagelneuen Fussböden. Das beschert uns oft recht praxisferne Auflagen. Zum Beispiel wird verlangt, dass wir beim Betreten des neuen Heims jedes Mal die Schuhe ausziehen. Nicht, dass wir dafür kein Verständnis hätten, nur ist das in der Realität kaum einzuhalten.

70 Prozent der Aufträge kommen von Privaten. Wir bieten alles, vom Fullservice samt Kühlschrankauffüllen bis zum Do-it-yourself-Standardumzug, bei dem wir Vorbereitetes von A nach B schleppen. Letztere sind am unkompliziertesten, solange sich beide Seiten an die Abmachungen halten. Bei Enddreissigern ist die «Schmalspurvariante» beliebt: Gezügelt wird mit Kollegen, einem Miet-LKW und einem Fachmann. Meist geht das schief. Ich kann die Fälle nicht zählen, in denen ich alleine mit den deprimierten Kunden dastand. Weil der eine Helfer einen Hexenschuss hatte, der andere Zahnweh, die Frau des Dritten gerade ihr Baby bekam und der Vierte unverhofft in die Ferien fuhr.

In solchen Fällen bin ich froh, neben meinen elf Festangestellten weitere Leute auf Abruf zu haben. Die sind es gewohnt, auf Unvorhergesehenes ruhig zu reagieren. Zum Beispiel, wenn uns am Zügeltag die Familie im Morgenrock am Frühstückstisch begrüsst, weder Bücherregale aus- noch Kisten eingeräumt sind, uns dafür der Hund zwischen den Beinen herumtollt und das Kleinkind in die Kartons krabbelt.

Oder auch, wenn uns im Umzugsstress die falsche Adresse angegeben wird, der Hausschlüssel in einem der Kartons liegt, die Schrankwand weder durch die Tür noch durchs Fenster des neuen Eigenheims passt oder wir als Ruhestörer beschimpft werden, weil die Kunden ihren eigenen Zügeltermin vergessen haben.

Kürzlich zügelten wir für ein älteres Paar. Das hatte sich ausbedungen, dass die Polstergruppe als letztes Objekt aus der alten Wohnung getragen werde und vor allem anderen in die neue. Während des gesamten Tages sassen sie darauf und schmökerten in ihren Heftchen. Unsere Schufterei störte sie nicht im Geringsten.

Mühsam sind die Kontrollfreaks, sie meinen es zu gut. Ein Herr beglückte uns mit einem mehrere Seiten umfassenden Zügelplan, in den er jeden Handgriff inklusive Trink- und Esspausen jedes einzelnen Mitarbeiters eingetragen hatte. Da mussten wir passen.

Manchmal bin ich sprachlos ob dem, was ich sehe. Alle drei Jahre zügeln wir den Hausrat einer Dame, die eine so genannte Messie ist und deshalb regelmässig aus ihrer streng riechenden Wohnung gewie-sen wird. Diese Lebensweise lässt sie sich Tausende von Franken kosten, denn ihre Umzüge dauern jeweils eine ganze Woche. Was wir unter den Müllbergen finden, erzähle ich besser nicht.

Auch in diesem Geschäft gibt es schwarze Schafe. Kunden, denen nach dem Umzug angeblich Pelze, Uhren und teure BHs fehlen, und die überall Macken an den Möbeln sehen. Tests, die die vermeintlichen Schäden datieren, klären solche Sachen auf – fast immer zu unseren Gunsten. Diese Zügler sind die grössten Nörgler und Gott sei Dank selten. Sie kommen bei unserer Firma auf die Liste derer, zu denen wir sagen: «Das war das letzte Mal.» Und in diesen Fällen stimmt der Satz.

 

Weitere Infos zum Umzug finden Sie auf Guider, der Rechtsberatung des Beobachters. Hilfreiche Antworten bei Rechtsfragen: Guider ist die Rechtsberatung des Beobachters. Das kompetente Team, bestehend aus über 30 Anwälten, Juristen und Fachexperten, bietet fundiertes Fachwissen und praxisorientierte Antworten, die wirklich weiterhelfen. Mittels Guider erhält man rund um die Uhr Zugriff auf Informationen zu den wichtigsten Rechtsfragen des Alltags – inklusive nützlicher Merkblätter, Musterbriefe, Checklisten und Vertragsvorlagen. Bei komplexen Fragen stehen die Beobachter-Fachexpertinnen und -Fachexperten für eine persönliche Rechtsberatung per Telefon oder E-Mail zur Verfügung.

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